Der Autor Dietrich Brüggemann spricht mir in einem Artikel in der Berliner Zeitung aus der Seele. Vielleicht ist das auch für andere interessant.
"Corona-Unrecht: Jede Kritik als „Querdenken“ einzuordnen, ist eine Fata Morgana".https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/corona-unrecht-jede-kritik-als-querdenken-einzuordnen-ist-eine-fata-morgana-li.288664
Es ist eine Antwort auf eine anonyme Rezension des Buchs „‚Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen‘: Das Corona-Unrecht und seine Täter“ von Marcus Klöckner und Jens Wernicke, das am 7.11.2022 erschienen ist.
Man findet den Artikel auch vorgestellt und vorgelesen bei Radio München.https://www.radiomuenchen.net/podcast-archiv/radiomuenchen-themen/2013-04-04-17-32-41/2090-der-elefant-im-raum-replik-von-dietrich-brueggemann.html
Ich erlaube mir ein paar Zitate:
"In der anonym in der Berliner Zeitung veröffentlichten Rezension zum Buch „Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen“ befindet sich meiner Meinung nach ein erstaunlicher Elefant, nämlich die Tatsache, dass der Autor aus Angst vor Stigmatisierung und Nachteilen seinen Namen nicht nennen will, diese Tatsache selbst aber anscheinend gar nicht weiter erwähnenswert findet. Die interessante Frage lautet damit nicht mehr, ob das Buch oder die Rezension gut oder schlecht sind, sondern: Was ist mit unserer Gesellschaft los, dass jemand sich nicht traut, eine Buchbesprechung mit seinem Namen zu signieren? Die er aber trotzdem schreibt, weil er es anscheinend wichtig findet, denn er könnte es ja auch einfach lassen? Wollen wir Debatten fortan so handhaben, dass es nur noch eine zugelassene Meinung gibt, und alles andere kann man allenfalls anonym sagen?"
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"Doch im Frühjahr 2020 rieb ich mir ungläubig die Augen und habe bis heute nicht damit aufgehört. Der Staat verhängte Maßnahmen, die man bis dahin für unvorstellbar gehalten hätte, und vergriff sich an zahlreichen Grundrechten. In einer funktionierenden Demokratie, in der ich mich bis dahin wähnte, hätte ich in sämtlichen Medien schärfste Debatten und härteste Kontroverse erwartet. Aber das blieb aus. Dafür wurde jeder, der Zweifel anmeldete, als „Wissenschaftleugner“ und „Schwurbler“ diffamiert, der wolle, dass Menschen sterben und so weiter. Seitdem ist es offenbar völlig okay, einander mitzuteilen, man sei geisteskrank oder solle die Fresse halten. Mit derartigen sprachlichen Entgleisungen gibt man zwar zu erkennen, dass man keine guten Argumente hat und daher zum verbalen Äquivalent des Steinewerfens greifen muss, aber das scheint niemanden zu kümmern."
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"Als Freund sprachlicher Mäßigung finde ich auch das Nachwort des Buches nicht unbedingt notwendig, aber selbst das, was der anonyme Rezensent da als „irrwitziges Verschwörungsdenken“ bezeichnet, erscheint mir nicht so sensationell. Die historische Gelegenheit für die Rekalibrierung der Weltwirtschaft wurde ja tatsächlich genauso angepriesen, beispielsweise von Klaus Schwab, Chef des Weltwirtschaftsforums (WEF), der sich außerdem brüstet, mit seinem „Young Global Leaders“-Programm (deutsch: „junge globale Führer“) die Regierungen der Welt zu „penetrieren“. Das WEF veröffentlicht gern pastellige Wohlfühlvideos, in denen Lockdowns gepriesen werden, weil sie Städte „verbessern“. Oder dem Zuschauer mitgeteilt wird, man werde im Jahr 2030 nichts besitzen und glücklich sein. Das ist alles kein Grund, in denselben Fehler zu verfallen wie der Rezensent und Teile der maßnahmenkritischen Szene, also paranoid zu werden, aber trotzdem wünsche ich mir eine Presse, die fragt, welches demokratische Mandat eigentlich dahintersteht, wenn die 1000 größten Unternehmen der Welt sich einbilden, sie müssten unser Leben nach ihren Vorstellungen gestalten. Es wäre nichts weiter als die gute linke Tradition der Kapitalismuskritik. Wenn die Presse diese Arbeit verweigert, dann übernehmen das Internetportale, deren behauptete oder tatsächliche Zweifelhaftigkeit trotzdem nicht Wurzel des Übels ist."
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"Die Verbalexzesse gegen Ungeimpfte, von denen das Buch eigentlich handelt, die findet der Rezensent dann trotzdem nicht so toll, aber da sieht er keine Verbindung zur Gesamtsituation, das ist wohl dummerweise einfach so passiert. Doch schon für dieses kleine Zugeständnis fürchtet er Sanktionen und bestätigt damit eindrucksvoll, wie totalitär die Stimmung ist."
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"Kritik an der Corona-Politik ist legitim und notwendig, und je mehr man dafür gecancelt wird, desto notwendiger ist sie. Unsere schöne offene Gesellschaft hat eine üble Bauchlandung hingelegt. Das ist der riesengroße Elefant im Raum der deutschen Öffentlichkeit."